Autonome Schiffe - Infos für hochqualifizierte Seeleute
Sollte man jetzt eine Seefahrt-Ausbildung beginnen, wenn alle von zukünftig ferngesteuerten und unbemannten Schiffen reden? - Unsere Antwort: Ja! Eine Ausbildung in der Seefahrt lohnt sich mehr denn je.
Gerade für hochqualifizierte Seeleute werden sich die Karrierechancen in Zukunft sogar noch verbessern. Der Grund: Die fortschreitende Automation in der Seeschifffahrt erfordert noch mehr Kompetenzen. Gefragt sind vor allem ein breit angelegtes Technikverständnis und umfassendes IT-Wissen. Genau damit können die gut ausgebildeten deutschen Seeleute punkten. Bis es tatsächlich voll-autonome Schiffe auf allen Weltmeeren geben wird, wird noch viel Zeit vergehen. Aber selbst wenn es soweit ist: Der Mensch bleibt weiterhin unverzichtbar.
- Automatisiertes Fahren mit Entscheidungsunterstützung
- Ferngesteuertes Schiff mit Seeleuten an Bord
- Ferngesteuertes Schiff ohne Seeleute an Bord
- Voll autonomes Schiff
Dr. Evelin Engler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Neustrelitz schätzt es so ein: "Bevor ein voll-autonomer Betrieb von Schiffen auf allen Weltmeeren denkbar wird, ist ein Berg an Arbeit durch Generationen von Menschen zu bewältigen. Ein teil- und vollautomatisierter Schiffsbetrieb ist aber schon vorher möglich."
- Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO und die einzelnen Staaten müssen einen klaren Rechtsrahmen für den weltweiten Betrieb von autonomen Schiffen schaffen. Dafür müssen aber noch viele Rechtsfragen geklärt werden, unter anderem: Wer trägt die Verantwortung bei einem Schiffsunfall, wenn kein Kapitän an Bord ist?
- Die Technik an Bord muss noch viel zuverlässiger als heute werden. Bei einem Ausfall an Bord wäre kein Mechaniker zur Stelle, der das Problem schnell lösen könnte. Dasselbe gilt bei Notfällen wie bei einem Brand an Bord. Die heutigen Antriebstechniken sind für einen voll-autonomen Betrieb noch zu fehleranfällig.
- Die Navigationsinstrumente müssen auch unter extremen Wetterbedingungen wie Eis, Nebel, Sturm, Gischt und Seegang so zuverlässig funktionieren, dass sie Menschen ersetzen können.
- Die hochsensiblen Steuerungsinstrumente an Bord müssen sicher und zuverlässig gegen Hacker-Angriffe von außen geschützt werden. Selbst bei einem PKW, der im Vergleich zu einem Seeschiff technisch viel einfacher ist, klappt das derzeit noch nicht. In der Seefahrt fehlen zudem verbindliche Sicherheitsstandards in der Satellitenkommunikation und stabile globale Datenverbindungen.
- Alle Seegewässer müssten durch ein lückenloses maritimes Verkehrsüberwachungssystem abgedeckt sein. Bis jetzt gibt es aber nur Verkehrszentralen für die jeweiligen nationalen Küstengewässer.
Dr. Evelin Engler, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Neustrelitz, schätzt es so ein: "Technik wird vom Menschen für den Menschen gemacht. Der Einsatz von Technik verändert Arbeitsprozesse und erleichtert auch die Arbeit der Menschen. Arbeitsprozesse ohne den Menschen sind jedoch undenkbar."
In Zukunft werden gerade in Überwachungszentren für die Fernüberwachung und Fernsteuerung von Schiffen hochqualifzierte Nautiker*innen gesucht – zu anderen Arbeitsbedingungen als heute und mit neuen Aufgaben. Neue Techniken wie zum Beispiel Virtual Reality werden neue Fähigkeiten erfordern. Und die Überwachung ganzer Schiffsflotten anstelle eines einzelnen Schiffs birgt neue komplexe Herausforderungen, aber auch viele Chancen für die Nautiker*innen der Zukunft.
Prof. Carlos Jahn, Leiter des Fraunhofer-Center für Maritime Logistik in Hamburg, sagt dazu: "Die autonome Schifffahrt hat das Potenzial, das Berufsbild des Nautikers, wie wir es kennen, grundlegend zu verändern. Anstelle in monatelangen Einsätzen bei Wind und Wetter auf den Weltmeeren werden viele Nautiker in ferner Zukunft in Überwachungszentren an Land tätig werden. Und die Verantwortung eines nautischen Offiziers wird von einem Schiff auf einer vorbestimmten Route auf eine Flotte und ein Seegebiet mit vielen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern ausgeweitet.“
Auch für Techniker*innen ergeben sich neue Chancen. Autonome Schiffe benötigen deutlich mehr informationstechnische Systeme an Bord als heute – und die müssen durch gut geschultes Technikpersonal gewartet und instandgehalten werden. Im Inland- und Kurzstreckenseeverkehr werden diese Arbeiten vermehrt in den Häfen durch dort stationierte Techniker*innen von Reedereien, Maschinenherstellern und IT-Dienstleistern übernommen werden. Im Seeverkehr zwischen den Kontinenten sind dagegen nach Einschätzung der Fachleute auch auf lange Sicht hochqualifzierte Techniker*innen an Bord von (autonomen) Schiffen unverzichtbar.
Mehr zum Thema kannst Du in dem Fachbeitrag "Die Auswirkungen autonomer Schifffahrt auf die Arbeit auf See, die Rolle der Seeleute und der Schifffahrtsindustrie" lesen.