Frauen an Bord
Nur etwa jedes hundertste Schiff weltweit wird von einer Frau gesteuert. Dabei ist die Seeschifffahrt eine faszinierende Branche, die das Beste aus verschiedenen Welten in sich vereint. Tradition und Fortschritt stehen nah beieinander. Modernste Technik, verschiedene Länder und Kulturen, millionenschwere Güter an Bord und die Weite des Meeres sprechen für sich. Außerdem ist die Seeschifffahrt ein Bereich mit Zukunft. Wieso gibt es hier also fast nur Männer? Beinahe banale Gründe, eine skandinavische Trendwende und ein verändertes Mindset lassen hoffen:
Meer Frauen an Bord
Als Motor der Globalisierung werden an Bord großer Schiffe 90 Prozent der Waren so effizient und ökologisch ausgetauscht wie nirgendwo sonst. In den vergangenen Jahren konnte die gesamte Branche einen Aufschwung verzeichnen, junger und motivierter Nachwuchs wird daher überall gesucht. Eine gute Ausbildung ist die beste Voraussetzung für eine Karriere an Bord, je nach Schulabschluss bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Dabei ist bei keiner Position Stillstand vorprogrammiert. Mit Engagement und Fleiß ist ein Aufstieg auf der Karriereleiter in relativ kurzer Zeit möglich.
Perfekte Bedingungen für mehr Frauen an Bord, schließlich haben weibliche Schulabgänger durchschnittlich viel bessere Durchschnittsnoten als die männlichen Klassenkollegen. Auch sind Reedereien auf Frauen an Bord angewiesen, schaut man sich den beginnenden Fachkräftemangel an allen Fronten an. Woran liegt es also, dass Frauen auf den Weltmeeren so dermaßen unterrepräsentiert sind?
Frauen in Führungspositionen
Tatsächlich eroberten erst in den 70er Jahren die ersten Frauen Führungspositionen an Bord großer Frachtschiffe – eine kurze Zeitspanne, um jahrhundertealte Traditionen komplett abzulegen. Der zuvor dominierende Aberglaube besagte, Frauen brächten schlichtweg Unglück mit aufs Schiff.
Die Erklärungen zur heutigen Frauenquote an Bord sind darüber hinaus naheliegend. Jahrelang auf See, mal einige Monate zuhause, dann wieder weit weg – das steht dem Kinderwunsch vieler Frauen im Weg. Zudem ist der Weg auf die Schiffsbrücke lang. Machbar in etwa acht Jahren muss man zum Kapitän oder zur Kapitänin dennoch ernannt werden - und das kann dauern. Dies ist nicht nur eine weibliche Problematik. Auch Männer finden dieses Berufsmodell schwer mit persönlichen Wünschen und Familienplanung vereinbar. Ist also nur die Biologie schuld an der ungleichen Verteilung?
Der Versuch einer Bestandsaufnahme zum Thema ist zugleich eine Frage der Perspektive. Würde ein Mann weniger davon sprechen, dass es an Bord rau und taff zugehe, ist für vereinzelte Frauen unter vielen Männern die Sichtweise eine andere - die Mehrheit dominiert nämlich den Ton.
Technik ersetzt Muskelkraft
Zumindest glaubt heutzutage niemand mehr, Frauen seien nicht hart genug im Nehmen. Zum einen zeigt der Alltag an Bord das Gegenteil, außerdem sind Prozesse inzwischen derart automatisiert und technisiert, dass pure Muskelkraft eine eher untergeordnete Rolle spielt.
In skandinavischen Ländern arbeiten bereits wesentlich mehr Frauen auf hoher See, generell bekleiden hier auch mehr Frauen Führungspositionen. Respektvoller Umgang und Wertschätzung sind hier ebenso zu beobachten wie eine Normalität der Sache.
Es ändert sich etwas. Dennoch ist jeder primär seines eigenen Glückes Schmied. Wer auf ein Schiff möchte, muss sich anstrengen, ganz gleich ob männlich oder weiblich. Und solange die alten Zeiten nicht gänzlich ausradiert sind, müssen Frauen einmal mehr beweisen, dass XX-Chromosomen doppelt für sich sprechen.
Mehr zum Thema kannst Du in dem Beitrag "Chefin-Sache" über Rollenbilder, Chancengleichheit und Aufstiegschanden lesen.